Liebe Börsianer,
was ist mit Wirecard in den vergangenen Tagen passiert:
- 18. Juni – Wirecard verschiebt die Veröffentlichung des Jahresabschlusses 2019 erneut
- 18. Juni – der Aufsichtsrat stellt das Vorstandsmitglied Jan Marsalek frei
- 18. Juni – James Freis wird in den Vorstand berufen für “Integrity, Legal and Compliance”
- 19. Juni – der Vorstandchef Markus Braun tritt mit sofortiger Wirkung zurück
- 19. Juni – James Freis übernimmt interimsmäßig den Vorstandsvorsitz
- 22. Juni – der Vorstand gibt bekannt, dass Treuhandkonten über € 1,9 Mrd. möglicherweise nicht existieren
- 22. Juni – der Aufsichtsrat entlässt Jan Marsalek mit sofortiger Wirkung
- 25. Juni – der Vorstand stellt einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht München
Der Finanzdienstleister wurde erst im September 2018 in den Dax 30 aufgenommen und stellt 21 Monate später einen Insolvenzantrag. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Markus Braun, Jan Marsalek und weitere Vorstandsmitglieder. Und die Bundesfinanzdienstleistungsaufsicht BaFin steht unter massiver Kritik. Das macht nicht nur die Privatinvestoren sprachlos.
Weshalb haben die gesetzlichen Kontrollmechanismen durch Aufsichtsrat, Wirtschaftssprüfung und Finanzaufsicht nicht gegriffen ? Und warum hatte man die lang andauernden Vorwürfe der Financial Times gegen Wirecard nicht ernst genug genommen ?
Weil man an diese deutsche Erfolgsgeschichte im Technologiesektor glauben wollte !
Es sind schlichtweg keine wirksamen Kontrollinstrumente etabliert, um gefälschte Dokumente über Treuhandkonten in Asien über € 1,9 Mrd. zu erkennen. Die Kontrollen reichen für global aufgestellte Unternehmen einfach nicht aus.
Was für ein Imageschaden ist entstanden gegenüber dem Finanzplatz und Wirtschaftsstandort Deutschland einschliesslich der Aufsichts- und Regulierungsbehörden. Und wie schlecht hat einmal mehr der Aufsichsrat sein Mandat ausgeübt. Und wieder ist ein Grossaktionär auch gleichzeitig im Vorstand gewesen. Was ist das für ein Kontrollprinzip ?
Auf einen Finanzdienstleister wie Wirecard kann die Welt vielleicht noch verzichten. Aber was ist mit den Beschäftigten bei Wirecard, die jetzt um ihren Job bangen müssen ?
Ein Paradebeispiel für schlechte Unternehmensführung (Corporate Governance).
Die Aktie von Wirecard schloss am Freitag bei € 1,28 mit einem 52-Wochenhoch von € 159,80 im September 2019.
Das Amtsgericht München hat jetzt den Anwalt Michael Jaffé als vorläufigen Insolvenzverwalter eingesetzt.
Der deutsche Bundesfinanzminister kündigt bereits eine Reform der deutschen Finanzaufsicht an. Und die EU-Kommission hat parallel die europäische Finanzaufsicht ESMA eingeschaltet.
Jan Marsalek soll sich zur Zeit möglicherweise in China aufhalten.
.. Ein deutscher Wirtschaftskrimi ohne Beispiel.
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